Mythos Schwedenkräuter – was steckt hinter der bekannten Kräutermischung?
Heute möchte ich euch etwas über Schwedenkräuter erzählen, aber Vorsicht – der Artikel wird lange! Aber es gibt so viel über die berühmte Kräutermischung zu berichten. Wenn man sich mit Schwedenbitter oder Schwedenkräuter näher beschäftigt, stößt man auf verschiedene Namen, Mythen und schier endlose Listen an Anwendungsgebieten. Demnach muss es sich fast um einen Zaubertrank handeln und viele sehen in ihm ein Elixier, das für Gesundheit und langes Leben steht. So viele Menschen schwören auf ihn, obwohl manche Zutaten zu hinterfragen sind.
![Schwedenkräuter und ihre Anwendungsgebiete](https://www.mitliebegemacht.at/wp-content/uploads/2018/11/Schwedenkräuter_FB.jpg)
Woher kommt der Schwedenbitter?
Schon seit sehr frühen Zeiten gibt es verschiedene Kräuterzubereitungen, wie beispielsweise den Theriak. Eine Art alleskönnende Kräutermischung, die früher als Allheilmittel galt. Daraus dürfte sich wohl auch der Schwedenbitter entwickelt haben. Es ist nicht ganz sicher, von wem die Mischung stammt. Es gibt vage Angaben von Paracelsus (1493 – 1541). Später findet man Aufzeichnungen von Dr. Urban Hjärne, dem Leibarzt des schwedischen Königshauses, der eine bittere Kräutermischung im 17. Jahrhundert verwendete, die ihm ein langes Leben beschert haben soll.
Maria Treben verweist bei ihrem kleinen Schwedenbitter auf einen gewissen Dr. Samst. Er soll im dreißigjährigen Krieg die Soldaten mit diesem Elixier gestärkt haben. In den folgenden Jahrhunderten wurden verschiedene Varianten als volksheilkundliches Mittel vertrieben und durfte in den Hausapotheken nicht fehlen. Allerdings konnten sich das Elixier bestimmt nicht alle Menschen leisten, denn wenn man sich die Zutatenliste so ansieht, findet man auch durchaus exotische Zutaten, die zu früheren Zeiten nicht so einfach zu bekommen waren.
![Schwedenkräutermischung](https://www.mitliebegemacht.at/wp-content/uploads/2018/11/Schwedenkräutermischung.jpg)
Seit Maria Treben ihr Kräuterbuch Gesundheit aus der Apotheke Gottes* veröffentlichte, bekam der Schwedenbitter einen großen Aufschwung und erlangte wieder Bedeutung. Noch heute kann man sich Schwedenbittermischungen nach Maria Treben* kaufen. Dabei findet man die Rezeptur des großen Schwedenbitters, welche in der ersten Ausgabe des Kräuterbuches Maria Trebens zu finden ist. Später schreibt sie nur vom kleinen Schwedenbitter und empfiehlt auch nur mehr diesen.
Sucht man nach Schwedenbitter, findet man auch noch Synonyme wie beispielsweise:
- Schwedenbitter
- Bittere Schwedentropfen
- Universaltropfen
- Lebenselixier
- Wunder-Cron-Essence
- Elixir amarum Hjaerneri
Rezepturen der Schwedenkräuter
Wie schon oben beschrieben, gibt es viele verschiedene Abwandlungen. Aber die meisten Rezepte haben bittere Wurzeln wie Enzian oder Angelika als gemeinsame Komponente. Teilweise werden auch abführende Pflanzen wie Rhabarberwurzel, Sennesblätter oder Aloe verwendet.
Der große Schwedenbitter
Der große Schwedenbitter wird eher als Magenbitter gesehen und hat an Bedeutung verloren. Teilweise ist auch nicht ganz klar, was sich unter den Zutaten wie Diotöm versteckt. Auch Bibergail ist nicht mehr wirklich zeitgemäß, es handelt sich hierbei um ein Sekret des Bibers.
In den großen Schwedenbitter kommt beispielsweise Aloe, Rhabarberwurzel, Theriak venezian, Myrrhe, Zittwerwurzel, Diotöm, Terra sigulata Fer., Enzian, Angelikawurzel, Eberwurz, Kampfer, Tormetil, Bibergail, Lärchenschwamm, Safran, Muskatblüte, Sennesblätter, Kalmuswurzel, Muskatbohnen.
Wie man sieht, eine riesige Menge an verschiedenen Inhaltsstoffen, die nicht alle bei uns heimisch sind und zu früheren Zeiten mit Sicherheit nicht so einfach zu bekommen.
Der kleine Schwedenbitter
Die Rezeptur des kleinen Schwedenbitters geht vermutlich auf Dr. Samst zurück und wurde von Maria Treben wieder aufgenommen. In ihrem Kräuterbuch Gesundheit aus der Apotheke Gottes* beschreibt Maria Treben, wie sie durch den Schwedenbitter geheilt wurde. Durch eine Frau, die ihr nach langer schwerer Krankheit helfen wollte, kam sie zu den Kräutertropfen und erfuhr, dass die Rezeptur von einem Dr. Samst stamme und sie beschreibt ihre Heilerfolge mit dem Elixier sehr detailliert.
![Kräutermischung mit langer Tradition](https://www.mitliebegemacht.at/wp-content/uploads/2018/11/Kräutermischung.jpg)
Das Rezept beinhaltet
- 10 g Angelikawurzel
- 10 g Rhabarberwurzel
- 10 g Zitwerwurzel
- 5 g Eberwurzel
- 10 g Aloe
- 5 g Myrrhe
- 10 g Sennesblätter
- 0,2 g Safran
- 10 g Naturkampfer
- 10 g Manna
- 10 g Theriak venezian
- 1,5 Liter Korn oder Branntwein
Die Kräutermischung wird in Korn oder Branntwein angesetzt. Mindestens 14 Tage lang ziehen lassen und dabei täglich gut schütteln. Danach abseihen und in Flaschen füllen.
Nicht alle der Zutaten habe ich ehrlich gesagt gekannt und bin mal auf Suche gegangen. Mehr dazu im nächsten Kapitel. Es gibt viele Anbieter, die bereits schon fertige Mischungen anbieten, hierbei zahlt es sich aus die Zutatenliste genauer zu studieren.
Inhaltsstoffe des kleinen Schwedenbitters
Der Schwedenbitter enthält eine ganze Reihe an Inhaltsstoffen und mir war zuvor nicht bewusst, dass es sich dabei um einige auch exotischere Stoffe handelt, die nicht bei uns wachsen. Sehr viele der Kräuter wirken abführend, was ich bei einer längeren Einnahme hinterfrage, da es mit der Zeit den Darm eher träge machen kann.
Angelikawurzel: die besondere Wurzel ist in der Naturheilkunde sehr geschätzt. Im Schwedenbitter soll sie verdauungsfördernd, anregend, krampflösend, schleimlösen, wundheilend, uvm wirken.
Naturkampfer: wird aus dem Harz des Kampferbaumes gewonnen. Er ist sehr stark und nicht jeder Mensch verträgt ihn. Besonders bei der innerlichen Einnahme sollte man hier vorsichtig sein. Der Naturkampfer enthält viele ätherische Öle und riecht auch sehr intensiv. Im Elixier soll er anregend, entzündungshemmend, kühlend, schmerzstillend und auch tonisierend wirken.
Aloe, Rhabarberwurzel und Sennesblätter: sind abführende Heilpflanzen und sind auf jeden Fall mit Vorsicht zu verwenden. Bei zu hohen Mengen, vor allem bei Aloe werden Mischungen apothekenpflichtig. Die darin enthaltenen Stoffe heißen Anthranoide und sollen nicht über längere Zeit eingenommen werden, da sie sonst zu Darmträgheit führen können.
Sennesblätter kommen übrigens von einem Strauch, der hauptsächlich im nördlichen Afrika, Saudi-Arabien, Yemen und Jordanien wächst.
Aloe wird in vielen frei verkäuflichen Mischungen durch Enzianwurzeln oder Wermut ersetzt, obwohl die Wirkung dann eine andere ist.
Manna: ist ebenso ein Stoff, den ich nicht gekannt habe. Es handelt sich dabei um den getrockneten Saft der Manna Esche. Er wirkt ebenso abführend und soll äußerlich bei Hautentzündungen und Wunden helfen.
Weiter geht es mit der Zitwerwurzel, die ich auch nachschlagen musste. Sie ist eine Verwandte des Ingwers und ist in Südasien beheimatet. Heutzutage ist bei uns der Ingwer bekannter und die Zitwerwurzel hat eher an Bedeutung verloren. Sie wird zur Anregung und Stärkung der Verdauung verwendet.
Eine weitere Wurzel die darin vorkommt ist die Eberwurzel, aber besser bekannt unter Silberdistel. Eine wunderbare Pflanze, die aber schon in vielen Gebieten unter Naturschutz steht. In der Volksheilkunde wird die Silberdistel gerne zur Ankurbelung der Verdauung verwendet oder auch zur Durchspülung der Nieren.
Myrrhe: kennt man vermutlich von den Gaben der Heiligen Drei Könige. Es ist ein duftendes Harz vom Myrrhenbaum und wird gerne verräuchert. Es lässt sich in Alkohol lösen und besitzt eine zusammenziehende, desinfizierende, blutstillende, wundheilende und krampflösende Wirkung.
Safran: das teure und kostbare Gewürz wurde in frühen Zeiten als eine Art Wundermedizin gehandelt. Daher ist es auch nicht verwunderlich die feinen Narben der besonderen Krokuspflanze auch im Schwedenbitter zu finden. In der Phytotherapie wird er bei leichten Depressionen eingesetzt und soll auch eine blutdrucksenkende Wirkung haben.
Theriak venezian: eine weitere spannende Zutat. Es handelt sich dabei nicht um eine einzelne Pflanze, sondern um eine Kräutermischung. Theriaks gehen bis in die Antike zurück, wo ein Universalheilmittel gesucht wurde, das bei verschiedensten Krankheiten helfen soll. Es gibt wohl Rezepte mit bis zu 600 Zutaten! Sehr bekannt war dabei die Venezianische Mischung, die in Ritualen gemischt wurden. Die Heilwirkung wurde allerdings nie bestätigt, aber auch um diese Mischungen ranken sich viele Geschichten und Mythen.
![Schwedenbitter ansetzen](https://www.mitliebegemacht.at/wp-content/uploads/2018/11/Schwedenbitter.jpg)
Wie ihr seht, sind viele spannende Kräuter, Wurzeln und Harze im Schwedenbitter vorhanden. Ich hatte mir zum Ansetzen eine bereits fertige Mischung gekauft, da ich nicht alle Kräuter und Zutaten zu Hause hatte und ich mir nicht alles extra kaufen wollte. Bei dieser Mischung wurde beispielsweise Aloe durch Wermut ersetzt.
Anwendungsgebiete des Schwedenbitters
In Maria Trebens Buch ist eine Abschrift der Heilanwendungen nach Dr. Samst zu finden. Die „Alte Handschrift“ zeigt 46 verschiedene Punkte an Anwendungsgebieten und ist spannend zu lesen, für was sie alles eingesetzt werden. Einige der Anwendungen sind meiner Meinung nicht mehr zeitgemäß und sollten auf jeden Fall hinterfragt werden, da sie doch schon sehr alt sind und in der Zwischenzeit neue Erkenntnisse und bessere Möglichkeiten gibt.
Aber die Schwedenkräuter haben noch immer ihren Platz und viele der Inhaltsstoffe sind wertvolle Heilkräuter, welche eine gute Wirkung haben.
Ein kleiner Auszug an Anwendungsgebieten:
- bei Zahnschmerzen
- Magenkrämpfen
- Ohrenschmerzen
- Anregung des Appetits und der Verdauung
- Wundheilung
- Rheumatischen Schmerzen
- Hühneraugen
- Hexenschuss
- uvm.
![Schwedentropfen mit vielen Kräutern](https://www.mitliebegemacht.at/wp-content/uploads/2018/11/Schwedenkräuter.jpg)
Anwendungen
Die Schwedenkräuter können innerlich sowohl auch äußerlich als Umschläge oder in Salben verarbeitet werden.
Nimmt man sie innerlich ein, sollten sie besser mit Wasser oder Kräutertee gemischt werden. Damit sich der Körper nicht zu sehr an die Wirkstoffe gewöhnt, sollte immer wieder eine Pause gemacht werden und nie durchgehend eingenommen werden. Dabei wirken sie hauptsächlich verdauungsfördernd und regen den Stoffwechsel an. Maria Treben schreibt von 3 Teelöffeln verdünnt einnehmen, um Unpässlichkeiten aller Art zu vertreiben.
![Schwedenkräuter - vielseitig einsetzbar](https://www.mitliebegemacht.at/wp-content/uploads/2018/11/Schwedenbitter_ansetzen.jpg)
Ich finde die Geschichte über alte Haus- und Heilmittel immer spannend. Die Menschen haben früher viel beobachtet und hatten ein gutes Gespür für Kräuter und ihre Wirkung. Allerdings wurde auch viel interpretiert und Aberglaube war auch ein großes Thema. Daher darf man alte Rezepturen auf jeden Fall hinterfragen und gegebenenfalls anpassen. Ich werde meine angesetzte Schwedenkräutermischung äußerlich testen und daher wird’s bald ein Rezept für eine Schwedenkräuter-Salbe für euch geben.
Quellen:
Maria Treben: Gesundheit aus der Apotheke Gottes*
Eva Marbach: Heilen mit Schwedenkräutern *
Wikipedia: Schwedenbitter, Theriak
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